Refugees

Gelebte Integration

Im Winter 2015 wurde direkt neben unserem Sportgelände ein Flüchtlingsheim für ca. 50 Personen gebaut und eröffnet. Bereits von Anfang an kooperierten wir hier eng mit dem Helferkreis Schlier um den angekommenen Gästen die Integration in unsere Gemeinde zu erleichtern. Neben einer Fussball-Kleider/Ausrüstungsbörse wird auch heute noch eine ganze Gruppe Flüchtlinge von unserem Integrationsbeauftragter Peter Ailinger 1mal die Woche trainiert. In unserer aktiven Fussballmannschaft sind inzwischen über 5 Afghanen, Syrer und Afrikaner integriert und für den Spielbetrieb offiziell zugelassen. Geschichten wie die folgende bewegen uns auch weiterhin unseren Teil zur gelebten Integration in der Gemeinde beizutragen....

++ Tesfit - Seine Geschichte ++

(cma) Heute wollen wir einen Spieler und seine Geschichte vorstellen: die Rede ist von Tesfameske Fyob, kurz ´Tesfit´. Wir alle kennen ihn, aber seine Geschichte kennen wir nicht. Bis jetzt!

Wir befinden uns in Eritrea – umschlungen und umringt von diktatorischen und vom Chaos beherrschten Staatengebilden. Eritrea, das ist ein Land, etwa so groß wie Österreich – gelegen im mittelöstlichen Afrika, mit Anschluss ans Rote und Indische Meer. Zivilrechtlich ist es dort üblich, bereits mit jungen Jahren dem Land militärisch dienen zu müssen. So hält man dort bereits im Kindesalter verpflichtend eine Waffe in der Hand und tötet Menschen im Auftrag ´seines´ Regimes.

So auch Tesfit. Das heißt, Nein! Er weigerte sich, Menschen zu töten. Er landete im Gefängnis – ohne Aussicht auf Freiheit. Und genau die verfolgte. Also flüchtete Tesfit aus der Gefangenschaft, mit der Sehnsucht nach Freiheit im Gepäck. Europa, sein Ziel! Die Odyssee begann mit der Flucht aus dem Gefängnis, dem 2-Tagesmarsch in die nördlichste Grenzstadt und dem Übertritt in den Sudan. Von dort aus ging es gegen Bezahlung von 260 Dollar auf einem Pick-Up durch den gesamten Sudan, mit Ziel Libyen - beide Länder etwa doppelt so groß wie Frankreich. Im Laderaum des Gefährts ging es vorbei an gefährlichen Mobs, Herden und regimetreuen War-Lords – vier lange Wochen, die Todesangst stets mitfahrend. In der Hauptstadt Tripolis schließlich angekommen, wartete Tesfit vier Wochen lang auf einen Platz im Boot Richtung Europa. Für ihn, wie er berichtete, die schlimmste Zeit seiner Odyssee. Täglich und jede Nacht musste er sich vor dem Kugelhagel und dem dortigen Chaos, das nach dem Sturz von Gaddafi dort vorherrscht, schützen. Ein täglicher Kampf ums Überleben!

Doch irgendwann fanden er und sein Bruder, der ihn begleitete, einen von den hiesigen Schleusern ausgelobten Platz auf dem Boot nach Lampedusa – gegen horrende Bezahlung. Die Zustände dort waren katastrophal: massiv überfüllt, stinkend, klagend, instabil. Beinahe wäre das marode Holzfloß gekentert: der Motor: mehrmals ausgefallen – sterbende Menschen, darunter auch sein Bruder. Tesfit musste ihn im Massengrab Mittelmeer mit zigtausenden Anderen zurücklassen. Mit Riesenglück wurden er und weitere Passagiere des Bootes aber gerettet. Gestrandet auf Lampedusa, vergingen noch weitere Tage, bis er und andere Flüchtlinge letztlich von Deutschland aufgenommen wurden. So kam Tesfit schließlich in die Erstaufnahmestelle nach Weingarten.

Wo sein Weg endete, sehen wir heute auf dem Sportplatz. Tesfit kann sein Hobby wieder leben, hat einen festen Ausbildungsplatz und eine Wohnung. Und was für mich am beeindruckendsten zu hören war von ihm: es ist das unwirklichste Glück, jeden Morgen ohne die Schüsse, den Kugelhagel, in Frieden, aufwachen zu können und leben zu dürfen.